Brief #2 von Luna

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JVA Aachen

Frühstückszeit, Samstag der 15.Juni 2019

Jeden Tag ein Brief mag überzogen sein, aber ich bin ja eh nur 4 Tage hier und mir ist langweilig. Und vielleicht interessiert es ja jemanden was hier so passiert. Mein Verteidiger hat mich gestern besucht. Ihm surde sein Mittagessen und so abgenommen, das heißt er durfte in den ca. drei Stunden Besuchszeit weder Essen noch trinken (ich auch nicht, aber mir hier diverse Grundrechte verweigert werden, weiß ich ja^^)

Der Besuch hat mich auf jeden Fall sehr gefreut. Außerdem kann ich mich auf Zelle jetzt beschäftigen, er hat mir ein StGB und eine StPO dagelassen.

Was ist sonst so passiert? Die Anträge, die ich direkt nach Ankunft hier gestellt habe, wurden ignoriert. Das war ein Antrag auf die Aushändigung der für mich hier geltenden Strafvollzugsgesetze und einer auf ein Gespräch mit der Seelsorge. Ich bin der Meinung, das beides Rechte sind, die ich habe, aber da der erstgenannte Antrag bisher ignoriert wurde, kann ich es nicht nachlesen.

Aber ehrlich gesagt ist mir das Gespräch mit der Seelsorge sogar wichtiger. Ich bin wie gesagt nicht religiös, aber so pro Tag mindestens mit einem Menschen reden können wäre schon nett. Gestern ging das zum Glück mit meinem Verteidiger.

Außerdem ist die Sellsorge hier die einzige Möglichkeit, an Briefmarken zu kommen, wenn nicht gerade welche reingeschickt werden oder Einkauf ist (Wochenende nervt^^).

Ich habe die dienstliche Erklärung von Richter Vogt zu meinem Befangenheitsantrag bekommen, mit Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 18.6. um 12:00 (bis dahin muss sie beim Gericht eintreffen). Das heißt, wenn ich die vollen vier Tage hierbleiben muss, habe ich nicht mal 24 Stunden dafür. Von hier drinnen kann ich die mangels Briefmarken nicht senden.

Wurde mir auch erst kurz nach dem Verteidigerbesuch übergeben. Ach ja, Richter Vogt hat es erfolgreich geschafft, das Fax an eine Person zu adressieren die es so nicht gibt. In meinem Perso steht der Name jedenfalls seit über drei Monaten nicht mehr.

So, jetzt zum nervigsten Ding am Männerknast: Trennung von anderen Gefangenen. Die allermeisten lassen mich einfach in Ruhe, nur die paar wirklich ekligen sexistischen und notgeilen Typen (die es nicht nur im Knast sondern fast überall gibt) nerven mit verbaler sexueller Gewalt vor der Tür und wenn sie Freistunde haben am Fenster. Eine Zelle im untesten Stockwerk ist halt auch genialst, wenn ich angeblich in Einzelhaft bin, um mich vor Sexismus "zu schützen".

Ein weiterer netter Nebeneffekt der Einzelhaft ist, dass ich nicht wie üblich 22 Stunden am Tag auf Zelle bin, sondern eher 24. Die Freistunde fällt weg, der Aufschluss/Umschluss auch. Bei ersterem glaube ich, dass es eigentlich ein Grundrecht ist. Ich bin gespannt, ob ich zum wöchentlichen Gottesdienst darf. Das darf meines Wissens nach nicht verweigert werden.

Auch absurd waren die Durchsuchungen beim Ankommen und nach dem Verteidigerbesuch. Die haben sich ein geniales Kozept ausgedacht: eine Frau durchsucht meine obere Körperhälfte und ein Mann meine untere. Justizlogik: Eine Frau muss sich von Typen den Hintern begrapschen lassen, wenn sie unüblich geformte Genitalien hat. Vollkommen logisch^^ Davon abgesehen war zwischen den beiden Durchsuchungen teilweise Zeit "wonach-immer-die-auch-suchen" einfach schnell in einem anderen Kleidungsstück in der schon durchsuchten Körperhälfte unterzubringen.

So, weil meckern über das Essen in jeden Knastbrief gehört, noch ein Abschnitt dazu: also mich hier vegan zu ernähren halte ich für nicht umsetzbar. Wahrscheinlich wäre es theoretisch kein roblem, aber man erfährt ja nicht, was in dem Essen so drin ist, auch nicht auf Nachfrage. Vegetarisches Essen gibt es ganz offiziell. "vegetarisch" beinhaltet hier allerdings Fisch.

Und noch etwas absurdes: das Essen ist zwar eher eklig, aber auf jeden Fall nicht zu wenig. Tatsächlich muss ich hier Essen wegschmeißen, wenn ich nicht will, dass es sich stapelt. Das gilt allerdings nur für drei Sachen: Kartoffeln (gekocht, geschält, ungewürzt), Brot, und Butter/Margarine (mir wurde nicht gesagt, was es ist). Alles andere eher in Kleinstmengen. An Obst und Gemüse außer Kartoffeln habe ich bisher zwei kleine Tomaten bekommen.

So, genug geschrieben erstmal, mal schauen ob sich vor Entlassung eine Möglichkeit ergibt, den Brief abzuschicken. Bleibt Widerständig!

LunⒶ