Brief #1 von Andrea

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Erhalten 8.Oktober

JVA Köln, 19. September 2018

Meine ersten Tage in Haft sind eine Achterbahnfahrt.

Die ersten fünf Tage habe ich keine Medikamente bekommen und unter starken Entzugserscheinungen gelitten.

Mittlerweile habe ich mit einem Arzt geredet und würde die Medis wieder bekommen, ich werde aber jetzt versuchen das Zeug ganz abzusetzen. Einen großen Teil des Entzugs habe ich ja schon hinter mir.

Von ein paar Bediensteten werde ich häufig geärgert: Die machen sich darüber lustig, dass wir im Wald leben.

Veganes Essen hat ein bisschen etwas mit Zufalls zu tun. Seit heute bekomme ich immerhin laktosefreie Kost. Das Fleisch ist trotzdem dabei.

Erklären tun die Bediensteten hier Sachen nur auf Nachfrage.

Ich musste schon zwei Mal meine kompletten Sachen packen, nur um am Ende die selbe Zelle zu beziehen.

Verständnis für meine Lebensweise bekomme ich auch von Mitgefangenen eher sehr wenig.

Der Ort hier ist sehr diskriminierend, Sexismus, Ableismus, Queefeindlichkeit und co beherrschen den Umgang miteinander.

Und die ständige Suche nach einer Zigarette.

Es erleichtert mich sehr, von keiner Droge (abgesehen von den Medis) abhängig zu sein.

Nachts weine ich mich in Erinnerungen an den Wald und meine Partnerwesen in den Schlaf.

Es geistern noch immer Lieder von Arbeitstitel: Tortenschlacht und Sissi durch meinen Kopf, die mich regelmäßig zu Tränen rühren.

Ich möchte mich bei der Person, mit der ich zusammen in der GeSa gesungen haben, bedanken. Ich werden Mattenschmuggel so schnell nicht vergessen.

Vielen Dank an all die tollen Wesen, die weiter den Hambi verteidigen.

Vielen Dank für alle Erfahrungen, die ich mit euch teilen durfte.

Ich weine bei den meisten Gedanken an den Wald, es sind Tränen der Dankbarkeit.

Vielen Dank an meine tollen Partnerwesen. Die Gedanken an unsere gemeinsamen Erfahrungen geben mir Halt. Wir werden uns wieder sehen.

Sie wollen mich kaputt machen, aber ich werde stark bleiben.

Sie wollen uns kaputt machen, aber wir werden stark bleiben.

Wir werden nicht aufgeben.

Bald werden wir wieder Seite an Seite im Hambi kämpfen, für eine bessere Welt einstehen, dem Kapitalismus und der Gesellschaft trotzen.

Die Revolution hat schon lange angefangen und wir werden nie aufhören.

Erst wenn der letzte Baum gerodet ist, werden sie merken, dass mensch Geld nicht atmen kann.

Aber das werden wir nicht zulassen.

Ich hoffe, dass mein Brief durch die Observation kommen wird, ihr dürft den Brief gerne veröffentlichen!

Wenn jemensch den Brief auf Englisch oder eine andere Sprache übersetzen will, so darf mensch das gerne tun.

Ohne Wörterbuch oder Internet fühle ich mich leider nicht so sicher in Englisch. „Sehen Sie es als kleine Geste, 'liebe' Staatsanwaltschaft, dann müssen Sie nur die Hälfte lesen.“

Bleibt stark,

Andrea

english

Recieved 8th October 2018

JVA Köln, 19th September 2018

My first days in jail are like a rollercoaster.

In the first five days I didn‘t get my medications, and I have suffered from strong withdrawal symptoms.

In the mean time I have spoken with a doctor, and gotten my medications back, but now I will try to stop taking the stuff. A large part of the withdrawal is behind me now already.

I‘ve been annoyed by a couple of officials: they find it funny, that we live in a forest.

Vegan food is a bit random here. Since today I am always receiving lactose-free food. But the meat is still there.

The officials here only explain you something when you ask them to.

I already had to pack all my stuff twice, only to end up in the same cell again.

I rarely meet understanding for my way of life from other inmates.

The place here is very discriminating, sexism, ableism, queer-phobia, and so on are dominating the atmosphere between people here.

And the constant search for a cigarette.

It is a huge relief, not to be dependant on any drugs (except for the medication).

In the nights I cry myself to sleep, in memories of the forest and my partner-creatures.

Songs from Arbeitstitel: Tortenschlaht and Sissi are still spooking through my head, and regularly make me cry.

I want to thank the person, that sang together with me in the detention-centre. I will not forget „Mattenschmuggel“ so quickly.

Many thanks to all the great creatures, that continue to defend the Hambi.

Many thanks for all the experiences, that I was allowed to share with you.

Most thoughts about the forest make me cry, they are tears of gratitude.

Many thanks to all my great partner-creatures. The thoughts about our fellow experiences keeps me strong. We will see each other again.

They want to destroy me, but I will stay strong.

They want to destroy us, but we will stay strong.

We will not give up-

Soon we will be next to each other again, fighting in the Hambi, for a better world, defying capitalism and the society.

The revolution began a long time ago, and we will never stop.

First when the last tree is cut, they will realize, that humans can‘t breathe gold.

But we won‘t let that happen.

I hope that my letter will get through the observation, and you are allowed to publish it!

If someone wants to translate the letter into English or another language, this person is also allowed to do this.

Without dictionaries or internet, I don‘t feel so secure in English.

„See it as small guests, ‚dear‘ prosecutor, then you only have to read the half of it.“

Stay strong,

Andrea

6 thoughts on “Brief #1 von Andrea”

  1. Hei, ja schreib gerne Briefe! Briefe gehen – mit Postkontrolle und viel Verzögerung derzeit – in die JVA und finden, wenn du es richtig drauf schreibst: unbekannte Person Aachen 20, JVA Köln, Rochusstraße 350, 50827 Köln. Lebensmittel im Allgemeinen gehen leider nicht durch. Die Gefangenen können aber am Einkauf teilnehmen, wenn sie Geld haben und bekommen dort auch Schokolade.

  2. …boah der Brief ist mir echt in’s Herz geschossen..ich würd Andrea gern ’nen Brief schreiben mit ’ner vegan Schokolade…findet der Brief im Knast Andrea? Liebe Grüße von Peter Pan

  3. Andrea versteht sowohl Deutsch als auch Englisch. Andreas Briefe raus sind in deutscher Sprache verfasst, daher kann gerne auch auf Deutsch geschrieben werden. Ein Päckchen wird sehr wahrscheinlich nicht bei Andrea ankommen, da Pakete von der JVA nicht genemigt sind (eine allgemeine Verfügung in Köln). Daher empfehlen wir vor allem persönliche Worte immer in einem Brief zu schicken. Mal z.B. eine Tafel Schokolade oder ein Taschenbuch gesondert zu schicken, kann natürlich immer versucht werden. Mensch kann immer darauf hoffen, dass Dinge durch die ganzen Konrtollen kommen…

  4. Hallo! Ich hatte ,Andrea, Schan mal ein kleines Päckchen mit ein paar persönlichen Zeilen geschickt. Ih halte die Info, dass sie Englisch spricht und mir deshalb einen in english abgewürgt. Ist das richtig in English zu schreiben- oder war das eine Fehlinfo?
    Eule halte ich leider nicht auf dem Schirm. ich hatte beim kommen nun endlich mal raus!!! Werde nochmal etwas an beide senden. Müssen die in der JVA nicht den Vegtarischen/veganen Ernährungen nachkommen?! Bei muslimischen lnsassen muss doch auch auf die Lebensweise Rücksicht genommen werden!
    Liebe Grüße,
    Silke Metz

  5. Du kannst Andrea Briefe schreiben an:
    unbekannte Person Aachen 20
    JVA Köln
    Rochusstraße 350
    50827 Köln

    Briefe vertreiben die Tristesse der Knastmauern und die Gefangenen bekommen nicht mit, was wir hier draußen erleben. Diese Erlebnisse zu teilen kann ein Lichtblick sein.
    Allerdings hat Andrea Postkontrolle nach §119 Abs. 1 Nr.3 StPO. Es kann daher einige Zeit dauern, bis dein Brief durchgeht zu dem Menschen.

  6. Hallo ih würde gerne mit der Andrea in kontakt treten, hier Kraft geben damit sie weiterhin stabil bleib, wäre es morgen und wie kann man sie erreichen!???

    LG #hambibleibt

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