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Statement zu Leipzig

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Leipzig/Köln. Nachdem am Mittwoch, 20. Februar, ein Bagger im Braunkohle-Tagebau Schleenhain im Leipziger Land von @Reisedigger besetzt wurde, befindet sich aktuell noch eine Person in Polizeigewahrsam. Weder das Amtsgericht Leipzig noch die Polizei konnten diesen Gewahrsam juristisch begründen. Die Unterstützer der Besetzung fordern die Freilassung der Person aus dem Gewahrsam.

Hintergrund der Ingewahrsamnahme ist, dass die Polizei die Identität der Besetzer*innen feststellen will. Obwohl alle Aktivisten wegen angeblicher Straftaten festgenommen wurden, soll die Identitätsfeststellung nicht nach der StPO – also repressiv – sondern fälschlicherweise nach dem Polizeigesetz – also präventiv – erfolgen. Dabei ist beim Verdacht einer Straftat immer die StPO anzuwenden, während das Polizeigesetz nur für Handlungen gilt, die noch bevorstehen.

Die Polizei stützt in diesem Fall ihr Vorgehen wahrscheinlich deshalb auf das Polizeigesetz, weil die Aktivisten so statt maximal 12 Stunden (§163c StPO) für drei Tage (§22 SächsPolG) festgehalten werden dürfen. Dass die Polizei die Maßnahme nicht zur Gefahrenabwehr, sondern zur Abschreckung und Erzwingen von konformen Verhalten einsetzt, zeigt sich auch an deren Antrag. Dort heißt es auszugsweise:

    • „Aufgrund der kurzen zeitlichen Abfolge der Baggerbesetzungen [...] besteht die begründete Wahrscheinlichkeit, dass Gruppen von Straftätern in naher Zukunft erneut die öffentliche Sicherheit durch die Begehung von im Namen des Umweltschutzes begangener Straftaten sowie Verursachens hohen wirtschaftlichen Schadens stören werden.“
    • „Die kriminalpräventive Wirkung dieser Faktoren würde ohne Feststellung der Identität nicht erreicht werden können. Darüber hinaus könnten zukünftige Störungen des öffentlichen Sicherheit durch genannte Gruppen seltener werden, wenn die Erfahrungen des Identitätsgewahrsams, verbunden mit Identitätsermittlungen, und die entsprechenden Rechtsfolgen in diesen Gruppen bekannt werden.“
    • „Außerdem könnte UP3 (Anm. = unbekannte Person) im Angesicht eines tagelangen Gewahrsams aus Besorgnis um den Verlust des Arbeitsplatzes oder wegen familiärer Verpflichtungen die schnellst mögliche Beendigung des Gewahrsams als vordringliches Ziel erkennen und somit zu Preisgabe der Identität motiviert werden.“

Es geht der Polizei also nicht um die Abwehr von Gefahren, die durch die festgenommenen Aktivisten verursacht werden könnten. Vielmehr zielt die Maßnahme auf die Abschreckung Gleichgesinnter. Eine derartige Generalprävention ist Aufgabe des Strafrechts. Hier wird stattdessen das Polizeirecht dafür missbraucht. 

Indem Polizei und Gericht einer* Einzelnen* ihre persönliche Freiheit entzieht, wird an ihr* ein Exempel statuiert, um unliebsame politische Meinungsäußerungen zu gesellschaftspolitischen und sozialen Anliegen zu unterdrücken.

Dass die Polizei die Sorge von Menschen um höchst persönliche Belange ausnutzen will, um Handlungen von Inhaftierten zu erzwingen, grenzt an Folter.

Der Beschluss des AG Leipzig enthält (eben so wenig wie der Antrag der zuständigen Polizeibehörde) kein Wort zu einer konkreten oder abstrakten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die Inhaftierten. Der zuständige Ermittlungsrichter am Amtsgericht begründet hingegen die Anordnung des Gewahrsams auch damit, dass der MIBRAG GmbH, dem Betreiber des Tagebau Schleenhain, durch die Besetzung ein Schaden von bis zu 170.000 Euro entstanden sei, für die die Besetzer*innen unter Umständen haftbar gemacht werden könnten.

All dies bestärkt uns in der Annahme, dass es sich um reine Repressionsmaßnahmen durch den gezielten Gebrauch staatlicher Macht handelt. Finanzielle Interessen von Konzernen sollen geschützt und unliebsame Personen weggesperrt werden, ohne dass eine Gefahr durch die Inhaftierten auch nur mit einem Wort dargestellt wird.