Tur*tel wieder frei

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Am Donnerstag, den 18.Mai, wurde Tur*tel nach 12 Monaten Strafhaft vorzeitig auf Bewährung entlassen.

Um 6 Uhr morgens konnten seine Freund*innen ihn vor der JVA in Empfang nehmen. Tur*tel ist am 14.Mai 2016 in Weißwasser auf dem Weg in die Stadt in eine Polizeikontrolle geraten und wegen eines offenen Haftbefehls verhaftet worden. Nachdem er weder von der Wache noch von der JVA aus telefonieren durfte, wurde er vier Tage vermisst und gesucht, bis nach den Feiertagen endlich die JVA Görlitz Informationen über seinen Aufenthalt an seinen Anwalt preisgab. Von seiner insgesamt 2jährigen Haftstrafe hat er ein Jahr abgesessen und vor einigen Wochen Antrag auf Haftentlassung gestellt, der ihm nun gewährt wurde. Die genauen Bewährungsauflagen sind noch nciht bekannt - wir werden versuchen euch aber weiter auf dem Laufenden zu halten.

Wir freuen uns sehr, Tur*tel wieder draußen unter seinen Liebsten zu wissen! Kontakt zu Turtel könnt ihr gerne weiterhin über das abc Rheinland aufnehmen. Die Postadresse findet ihr hier: Kontakt.

Untill all are free!

Prozess in Düren

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Am 24.Mai 2017 wird ab 9.15Uhr vor dem Amtsgericht Düren gegen die Anarchist*in Y. verhandelt.

Die Anklage befasst sich mit insgesamt fünf Fällen, die in einem Zeitraum zwischen April bis Dezember 2015 liegen. Scheinbar wurde Y. in dieser Zeit mehrfach durch Polizeibeamte von Baggern, Förderbändern und Kohlebahngleisen in und rund um den Tagebau Hambach gepflückt und zur ED-Behandlung und zum Widerstand-Vorwerfen mit auf die Polizeiwache genommen. Tatvorwürfe Y. gegenüber sind im ersten Fall Störung öffentlicher Betriebe und Nötigung, in den Fällen 2-5 Hausfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Y. freut sich über kreative und bestimmte Prozessbegleitung.

Ort: AG Düren, Saal 1.07
Zeit: 9.15Uhr 

Verfahren in Görlitz eingestellt gegen 120 Sozialstunden

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Bericht des ABC Dresden zur Berufungsverhandlung

Am 27. April 2017 fand am Landgericht Görlitz der Berufungsprozess des Anarchisten Clumsy statt.

Für den heutigen Prozesstag waren demzufolge erneut vier Zeug*innen geladen, unter anderem Herr Haase, der bereits letztes Jahr interessante Einblicke in die sicherheitstechnischen Überlegungen von Vattenfall zum Besten gab. Dieser durchaus unterhaltsame Teil des Verfahrens wurde am Ende des Tages nicht wiederholt.

Nach dem der Richter Clumsys persönliche Daten abgefragt hatte, stellte er zusammenfassend das Urteil dar. Der Anwalt Clumsys äusserte sich zum Vorschlag der Einstellung des Verfahrens: Natürlich stehe die Verteidigung der Einstellung nicht im Weg, allerdings müsste auch die Staatsanwaltschaft eben dem zustimmen. Er wies die Staatsanwaltschaft ebenfalls daraufhin, dass er nicht verstehe warum diese sich Gedanken über die Vattenfall entstandenen Schäden mache. Die Staatsanwaltschaft hätte nicht die Aufgabe eine Interessenvertretung für diesen Konzern zu übernehmen.

Nun hatte Staatsanwalt Hensel das Wort, dieser hatte bereits die Haftbefehle unterschrieben, welche unter anderem Clumsy fast acht Wochen Untersuchungshaft einbrachten. Grundsätzlich sei er sehr weit entfernt von einer Einstellung des Verfahrens nach §153. Er halte dies für ein falsches Signal, betonte aber auch, dass es hier nicht um eine Bestrafung auf Grund von politischer Einstellung gehe, allerdings ziviler Ungehorsam nicht ungestraft stattfinden kann, da hier das Überschreiten von gesetzlichen Grenzen bewusst in Kauf genommen werde. Er sehe hier ganz klar eine Nötigung dem Konzern gegenüber sowohl dadurch, dass das Kraftwerk nur eingeschränkt arbeiten konnte, als auch dadurch, dass mit Statements wie „wir sind euer Investitionsrisiko“ im Vorhinein zu Protesten aufgerufen wurde.

Danach richtete der Staatsanwalt noch einmal ein persönliches Wort an Clumsy und meinte sinngemäß: in seinen Kreisen werde er nichts erreichen. Da würde ja auch kein vernünftiger Mensch mitmachen wollen. Und überhaupt hätten sie mit der Aktion alle auf die Seite von Vattenfall gebracht. In seiner arroganten und selbstgefälligen Art schlug er Clumsy vor arbeiten zu gehen, sich ein Elektroauto und eine Solaranlage zu kaufen und so die Umwelt zu retten. Ausserdem gab er den Hinweis, er könne ja Elektroingenieurswesen studieren und Alternativen entwickeln.

Nach diesem pädagogischen Vorstoß erkundigte sich der Richter, ob denn die Staatsanwaltschaft einer Einstellung nach §153a abgeneigt sei, heißt einer Einstellung unter Auflagen zustimmen würde. Dies konnte sich der Staatsanwalt vorstellen mit der Ausnahme, dass gemeinnützige Arbeitsstunden nicht in einer Umweltschutzorganisation abgeleistet würden, weil das ja dann doch eher im Sinne Clumsys wäre. Letzendlich wurde sich auf 120 Arbeitsstunden in einer Tierschutzeinrichtung geeinigt.

Während der Anwalt und Clumsy sich ausserhalb des Sitzungssaals bezüglich der Arbeitsstunden verständigten, war es dem Staatsanwalt noch wichtig zu erwähnen, dass es ja gut wäre noch zu beauflagen, dass Clumsy die Stunden auf jeden Fall über Pfingsten abzuleisten hätte, damit er beschäftigt wäre und eben an keinem der geplanten Proteste teilnehmen könnte. Da wir hier aber nicht bei wünsch dir was waren, kam es dazu dann aber doch nicht.

In der Urteilsbegründung verwies der Richter auf eine gerichtliche Entscheidung, die in einer ähnlichen Situation damals in Celle durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde. Im Zusammenhang mit Anti-Castorprotesten wurde am OLG Celle am 12.08.2003 der Vorwurf „Störung des Eisenbahnbetriebs und Nötigung durch Behinderung der Durchführung eines Castortransports durch den Eingriff in die Gleisanlagen“ verhandelt. Damals hatten sich ebenfalls Menschen unter dem Gleis angekettet um den Castortransport zu blockieren. Die Entscheidung des Landgerichts wurde damals am 30.09.2005 durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Demnach ist „der Schwere der Tat im Rahmen der Strafzumessung Rechnung zu tragen, wobei die Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 StGB sowie die nach §§ 153, 153 a StPO vorgesehene Einstellung des Verfahrens eine dem Einzelfall angemessene, nicht übermäßige Reaktion ermöglichen.“

Nach fast acht Wochen Knast und mehreren Instanzen wird das Verfahren nach Ableistung der 120 Arbeitsstunden eingestellt. Die Frage der Verhältnismäßigkeit bleibt hier in jedem Fall auf der Strecke. Einmal mehr zeigt sich, wie der Staat versucht mit Repression Umweltproteste zu kriminalisieren und Knast als unzulässige Strafe eingesetzt wird bis das Verfahren beginnt.

Doch damit wird er wenig Erfolg haben, der Kampf gegen den Kohleabbau geht weiter, egal ob in der Lausitz, im Hambacher Forst oder mit den geplanten Massenprotesten, die auch für dieses Jahr wierder angekündigt sind.

Herzlichen Glückwunsch zur Einstellung des Verfahrens!