B-Mike: Bericht über die Ordnungshaft

Das hier ist ein Bericht über meine Ordnungshaft vom 13.06.209 – 17.06.2019.

In diesem Bericht erwähne ich mehrfach, dass ich mich von Bull*innen bzw. Justizbeamt*innen tragen oder schleifen lasse, anstatt freiwillig mit ihnen mitzugehen. Wieso ich das tue? Naja, genau diese Leute sind daran Schuld, dass das System funktioniert. Sie helfen Menschen abzuschieben, Sie beschützen die großen Konzerne und eine Regierung, der die Umwelt und die Menschen weniger wichtig sind als Geld. Deshalb will ich denen ihren Job so schwer wie möglich machen!

Bei Gericht

Noch während des Prozesses hat der Richter sich beschwert, dass ich, Luna und Teile des Publikums nicht für ihn aufgestanden sind und droht uns Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, an. Das selbe gilt auch wenn wir keine Schuhe anziehen.

Tja, blöd nur das ich auf seine Autorität scheiße und weiterhin weder aufstehe, noch mir Schuhe anziehe. 

Naja dann gibt es jetzt halt Ordnungshaft, denn bezahlen werde ich das sicher nicht!

Ich will dem Staat ja nicht noch extra Kohle geben. Und in Haft koste ich Geld für die. Ich denke mir, dass es ja nur vier Tage sind und ich das schon aushalten werde.

In einer Verfahrenspause gehen ich und Luna kurz nach draußen. Wir haben ja einige Minuten Zeit und ein bisschen frische Luft tut bestimmt gut. Nachdem wir einige Meter gelaufen sind, kommen plötzlich einige Bull*innen auf uns zu und halten uns fest. Ohne verdammten Grund. Noch sind wir nicht in Haft und sollten uns eigentlich frei in der Welt bewegen dürfen. Nur die Cops interessiert das herzlich wenig.

Sie tragen uns zurück in den Gerichtssaal, da ich mich weigere mitzulaufen. Wenn ich schon gegen meinen Willen verfrüht (ich hätte noch über fünf Minuten Pause gehabt) zum Gericht gebracht werde, helfe ich denen nicht auch noch dabei.

Eigentlich ist das ja Freiheitsberaubung aber das juckt die Bull*innen und den Richter natürlich nicht.

Nach Beendigung des Prozesstages (die Urteilsverkündung stand zu diesem Zeitpunkt noch aus) wurden Luna und ich vorerst in die Zellen im Keller vom Gericht gebracht. Ich habe mich wieder tragen lassen. 

In der Zelle gab es ein Klo, ein Waschbecken und eine Holzpritsche. Durchsucht wurde ich nicht direkt sondern erst nach einigen Minuten. Die Wärter*innen wollten das ich dafür aufstehe, aber das habe ich natürlich nicht gemacht. Also wurde ich liegend durchsucht, mein Geldbeutel wurde mir abgenommen.

Transport

Nach einiger Zeit wurde die Zelle dann wieder geöffnet und ich sollte in die JVA Köln verlegt werden.

Ich frage die Beamt*innen warum nach Köln und nicht einfach nach Aachen? Die Antworten waren sinngemäß: „Weil Sie eine Frau sind!“

Ich weise sie mehrfach darauf hin, dass ich keine Frau bin und dass sie gerne auf meinen Ausweis nachschauen können (den haben die mir mit dem Geldbeutel abgenommen). 

Und dann versuchte ein Beamter zu behaupten, dass mein Verteidiger das so angeordnet hat. Ich teile ihm mit, dass das ganz bestimmt nicht der Fall ist und finde es krass wie einfach er ohne mit der Wimper zu zucken mir direkt ins Gesicht lügt. Scheiß Trans* feindliche Menschen!

Nachdem die mich dann ins Auto getragen hatten, wollten sie mir noch Fußfesseln anlegen. Ich weigere mich meine Füße dafür nochmal aus dem Auto auszustrecken, um ihnen ihren Scheiß Job so unangenehm und nervig wie möglich zu machen. Sie ziehen meine Füße raus und legen mir die Dinger an, dann fahren wir los.
Während der Fahrt habe ich das Auto von innen umgebaut, also die Bänke umgeklappt, Kopfstützen entfernt und so Zeug. Dann müssen die das nachher wieder einbauen, denke ich schadenfroh.

Nach einer circa 50 minütigen Fahrt kommen wir in Köln an. Ich sehe den Natodraht auf den Mauern des Knasts und denke mir das ausbrechen wohl recht schwierig werden dürfte.

In der JVA: Wartezelle

Ich wurde gewaltsam aus dem Auto entfernt, da ich mich geweigert hatte auszusteigen. Dann werde ich in so eine Wartezelle gebracht.

Diese Zelle ist Kamera überwacht und da ich nicht will, dass die Wachteln sehen, was ich so anstelle, klebe ich sie mit nassem Klopapier ab. Nach einigen Minuten kam dann eine Gruppe Wachteln, die das anscheinend weniger lustig als ich fanden und haben die Kameraabdeckung und alle Rollen Klopapier aus der Zelle entfernt.

Das hält mich aber bestimmt nicht auf. 

Ich habe einige Kippenstummel in der Zelle entdeckt, drehe sie auf und benutze die restlichen Papes um die Kamera erneut zu bedecken. Dann passierte das selbe Spielchen nochmal, sie kommen, machen die Kamera frei und diesmal beleidigen sie mich auch noch. Als sie wieder gehen nehme ich den nächsten Müll, um die Kamera wider unschädlich zu machen.

Aber als sie diesmal kamen, sollte ich woanders hin. Ich laufe diesmal freiwillig mit, weil ich mir die Beine ein wenig vertreten will.

Wir laufen durch verschiedene Türen und irgendwann stehen wir vor einem Korridor, der mit „Frauenabteilung“ betitelt ist. Ich merke erneut an, dass ich keine Frau bin und weigere mich den Korridor zu betreten.

Sollen die mich doch da rein schleifen, aber wenn die mich transfeindlich behandeln helfe ich ihnen nicht auch noch dabei. Nach einigen Metern des Schleifens haben sie mich dann auf einen Rollwagen, der da rum stand, gesetzt und geschoben. Das fand ich irgendwie lustig.

Dort tauchte dann auch ein Wärter auf, der so aussah, als wäre er in der Knasthierarchie höher als der Rest. Er meinte zu mir: „Wo soll ich Sie denn sonst hinstecken?“

Nachdem ich ihm mitteilte das ich als Mann natürlich zu den Männern will, meinte er, dass dies „nicht mit funktionierenden Geschlechtsorganen“ möglich sei. Woher er weiß, dass ich funktionierende Geschlechtsorgane besitze, frage ich mich ironisch.

Isolationshaft

Da ich mich weiterhin weigere in den Frauenvollzug verlegt zu werden, komme ich in Isolationshaft. Ich wurde in so ne Spezialzelle getan, wo mir dann noch alle meine Klamotten und meine Brille weggenommen wurden.
Da ich mich weigerte mich auszuziehen hat das der Beamte übernommen mit dem ich gesprochen hatte. Ich bekam dann Anstaltskleidung und zwei Decken.

In der Zelle gabs nichts außer einem Loch im Boden als Klo und eine Matratze. Und eine Kamera, die aber viel zu hoch hing um sie zu erreichen. Das einzig gute an der Zelle war das sie echt groß war (ca dreimal so groß wie eine normale Zelle).

Das Licht war die ganze Nacht an und hat unglaublich laut gesurrt. Das war echt super nervig. 

Als ich Nachts Durst bekomme drücke ich auf den Rufknopf den es da gibt. Es wird nicht darauf reagiert. Also musste ich wohl oder übel aus dem Klo trinken.

Am nächsten Morgen kamen dann ein Haufen Wachteln, eine Ärztin und eine Psychologin in die Zelle und fragten mich wieso ich hier sei. Ich habe es ihnen erklärt und sie meinten, dass sie meinen Fall nachher in der Besprechung beraten.

Einige Zeit später kamen sie dann wieder und meinten, dass ich jetzt in den Männervollzug verlegt werde. Ich habe erst meinen Ohren nicht geglaubt und habe mich wirklich gefreut, dass mein Widerstand erfolgreich war!

Sie haben mir dann einiges an Zeug gegeben (Bettlaken und so was) und wir sind zu Haus 3 gegangen. Dort bekam ich dann eine Doppelzelle, die ich aber für mich alleine hatte (und das wird auch so bleiben meinten die Wärter*innen). Das finde ich ganz gut, da hier wirklich nicht viel Platz war und ich mich freier in der Zelle bewegen kann wenn ich alleine bin.

Dann gabs Mittagessen (das erste was ich seit der Verhaftung am Vortag bekommen habe). 

Zur Freistunde durfte ich mich auf einem Innenhof frei bewegen und ich war sehr erfreut, dass es da Bäume gab. Aber ich hatte auch Einzelfreistunde. Mit den anderen Gefangenen konnte ich aber über die Fenster reden.

Einer von den Mitinhaftierten konnte zum Beispiel nicht lesen und ich hab ihm dann einen Brief, den er vom Gericht erhalten hatte, vorgelesen.

Als ich wieder rein muss, werde ich noch zum Anstaltsarzt gebracht, der mich gefragt hat ob ich ein „Gender“ bin. Ich find das irgendwie niedlich wie unbeholfen er war. Da ich meine Hormonspritze aber nicht im Zeitraum der Inhaftierung benötigte (ich brauche sie nur alle 17 Tage) war das Gespräch auch schnell beendet.

Dann musste ich nochmal alle Sachen die ich vorhin bekommen hatte aus der Zelle holen und wieder abgeben, weil sie vom falschen Haus kamen.

Ich hatte vom Mittagessen noch ein bisschen Kartoffelsalat in einer Schüssel, das ich dann schnell umgefüllt habe, da ich die Schüssel auch wieder abgeben musste. Zeit um sie zu spülen hatte ich nicht. An dem Ort wo ich das Zeug dann abgeben sollte wurde ich auch direkt angekackt, weil die Schüssel dreckig ist. Ich hab dann recht pöblig erzählt, was Sache war und der Beamte meine nur: „Mach mich nicht wütend!“

Zum Glück gings dann gleich weiter und ich bekam die neuen Sachen, die sich nicht groß von den anderen unterschieden. 

Auch einen Anruf durfte ich tätigen.

Das einzige um mich zu beschäftigen auf der Zelle, was ich erhalten habe, war übrigens eine Bibel. Ich als Atheist habe dann mal die Offenbarung gelesen und beschlossen, dass die Bibel für mich einfach ein ziemlich schlechter Fantasy-Roman ist.

Die nächsten Tage ist dann nicht so viel aufregendes passiert, ich hing ja meistens auf der Zelle rum. Manchmal haben die anderen ihre Radios laut aufgedreht und ich habe ein bisschen zur Musik getanzt und versucht zu ignorieren, dass die Musik total sexistisch war.

Während dem Hofgang wurde ich von den anderen oft gefragt, wieso ich Einzelhofgang habe. Da ich mich nur ungern vor ihnen outen wollte, habe ich gesagt, dass ich das auch nicht weiß.

Ein paar von denen haben anscheinend geblickt, dass ich trans bin und haben ziemlich nervige Kommentare wie „Zeig mal deine Titten“ oder so abgegeben.

Ein Gefangener hat mich auch gefragt ob ich schwul bin und Angst vor den anderen deswegen habe und deshalb alleine unterwegs bin. Er hat auch gesagt, dass ihn das nicht stören würde.

Entlassung

Am Montag, dem Tag an dem ich auch entlassen werden sollte durfte mich dann auch endlich mein Verteidiger besuchen. Der Besuch hat mich mega aufgemuntert!

So um halb zwölf bin ich dann wieder auf die Zelle gegangen und dachte das ich jetzt noch ein paar Stunden tot schlagen muss, denn auf den Papieren stand, dass ich um 15 Uhr entlassen werden soll. Allerdings hat sich fünf Minuten später die Zellentür geöffnet und ich durfte gehen.

Ich hab mich natürlich gefreut raus zu kommen, fand es aber etwas Schade, dass vermutlich keiner mich abholt, da die anderen erst für später eine Versammlung vorm Knast angemeldet hatten, wie mir mein Verteidiger beim Besuch gesagt hat.

Als ich dann draußen war konnte ich auch niemanden anrufe, da ich kein Handy dabei hatte. Nachdem ich in einigen Läden erfolglos danach gefragt hatte, ob ich mal telefonieren kann, durfte ich in einer Tankstelle dann das Festnetztelefon benutzen. Blöd nur, dass bei der einzigen Nummer die ich auswendig im Kopf hatte niemand ran ging.

Dann bin ich eben in Köln zu einem Freund von mir gefahren und konnte die anderen über sein Handy erreichen. Es war dann super schön die Menschen wiederzusehen!